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Friday, May 28, 2010

Nagelritz - a true sailor

Wieso Kühe so entspannt sind.
Ein Besuch bei Nagelritz in der Bremer Speicherbühne klärt endlich diese Frage.

Bremen, im Mai Sonntag abends um kurz vor sieben. Über 100 Besucher stehen geduldig Schlange am Eingang zur Speicherbühne im Speicher XI im Bremer Holzhafen. Nagelritz zeigt sein neues Programm „Landgang - mit Vieh, Gesang und Vollrausch".
Mal sehen, das hört sich ganz gut an. Wir sind das erste Mal hier und setzen uns mutig in die erste Reihe. Auf der Bühne stehen ein paar Flaschen Malteser, ein Seesack, eine Ukulele, ein Hocker und ein Klavier. Das Licht geht aus, kleiner Applaus, und auf der Bühne erscheint ein Matrose mit Tätowierungen, Matrosenmütze mit passendem Hemd dazu. Nagelritz schaut in die Runde und begrüßt die Gäste in bestem Matrosenschnack. Mit einem Seitenblick auf das Klavier: „ Eigentlich hatte ich ein richtiges Schifferklavier bei den Veranstaltern bestellt, aber was kann man von so Landratten schon erwarten.“
Und dann fängt er an zu erzählen, dass einem schwindelig wird. „Zuerst mal ein paar Fakten über echte Seemannschaft: Probleme auf See sind nix gegen Probleme an Land. An Land weiß ich nie, was mich erwartet!“, sagt er. Und so fängt die Geschichte an: Sein bester Kumpel Hinnerk ging an Land verschütt. In Rotterdam war das. Und Nagelritz will ihn suchen, versackt in einer Kneipe, verpasst das Schiff, will in seine Heimatstadt nach Gelsenkirchen trampen, wird in einem Fischmehllastkraftwagen mitgenommen, dessen Fahrer aussieht wie ein Wels und der behauptet, die Welt bestünde aus Fischmehl. Nach Gelsenkirchen schaffen sie es natürlich nicht. In einem Dorf gewinnt Nagelritz bei einer Lotterie eine Kuh, die tanzen kann und ihn in das Geheimnis der ultimativen Entspannung einweiht. Kuh und Nagelritz werden die absoluten Showstars, dieser Ruhm steigt der Kuh zu Kopf und sie lässt sich später von einem Talentscout abwerben. Nagelritz zeigt bei diesen abstrusen Geschichten bestes Erzähltalent. Der Alleinunterhalter zeigt sein Können auch bei den Telefonaten mit seinem spanischen Kumpel Raoul aus Andalucia, der jetzt mit Frau und Kind nahe Hamburg lebt und den er in ausweglosen Situationen anruft. Raoul hat einen Anrufbeantworter mit Flamencomusik und flammender Ansprache bestückt und Raoul als echter Spanier spricht ein rollendes R. Diese Telefonate enden immer im Fiasko und Nagelritz bekommt nie die Antwort auf seine Fragen.
In zwei Stunden Kabarett, Klaviermusik und Gesang nimmt Nagelritz seine Gäste mit auf die einzelnen Stationen dieser Odyssee, die ihn auch auf ein deutsches Forschungsschiff zu einer verführerischen Ozeanographin führt (60-90-60, das passt zu meinen 70-70-70!). Dirk Langer alias Nagelritz trifft mit seinem neuem Programm genau den richtigen Ton. Man kann nicht anders, es wird einem so schwummerig beim Zuhören, man muss ihm dieses Seemannsgarn abkaufen. Und richtig, diese Geschichten sind nicht bloß so ausgedacht. Auf direkte Nachfrage gibt Dirk Langer nach der Vorstellung zu: er kommt aus Gelsenkirchen und ist zur See gefahren. Mit Äquatortaufe! Der Wahlbremer hat in den letzten Jahren mit seinen verschiedenen Programmen schon mehrere Auszeichnungen gewonnen. Eines noch zum Schluss: Um dem zukünftigen Besucher nicht dieses schöne Aha-Erlebnis zu nehmen, darf das Geheimnis der ultimativen Kuh-Entspannung an dieser Stelle nicht verraten werden.


Manfred Schlösser


Sehenswert: Das neue Nagelritz-Programm „Landgang - mit Vieh, Gesang und Vollrausch" ist auf der Webseite www.nagelritz .de einzusehen. Nächste Auftritte in Norddeutschland sind am 28. und 29. Mai in Hamburg, 2. Juli in Bremerhaven und am 17. Juli in Husum.

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